20
Mai
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Eine nicht eingeholte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann dann nicht zur Ablehnung der Zahlung von Krankengeld führen, wenn im betreffenden Zeitraum eine tatsächliche Handlungsunfähigkeit vorlag.

Diese liegt vor, wenn der Versicherte sich in einem gesundheitlichen Ausnahmezustand befindet, der ihn derart lähmt, dass er gerade noch in der Lage ist, sich um die körperlichen Grundbedürfnisse zu kümmern, nicht jedoch einen Arzt aufzusuchen oder anzurufen.

Gerade bei psychischen Erkrankungen könne es zumindest vorübergehend zu einem solchen oder vergleichbaren Zustand kommen, in welchem dem Versicherten krankheitsbedingt eine Meldung nicht möglich sei. Denn maßgeblich könne nur sein – so das LSG – ob der Versicherte zu einer entsprechenden Willensanspannung überhaupt noch in der Lage gewesen sei, die für eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Ob hieraus eine vorübergehende Geschäftsunfähigkeit folge, könne nicht im Vordergrund stehen und werde sich im Einzelfall nur schwer ermitteln lassen. Dies könne insbesondere beim Vorliegen einer schweren Depression der Fall sein. Bereits bei einer mittelgradigen depressiven Episode habe der Betroffene bereits meist große Schwierigkeiten, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen.

Dieser Ausnahmefall habe beim Kläger vorgelegen.

Zwar habe der behandelnde Arzt zum konkreten Zustand des Klägers keine Angaben aus eigener Anschauung machen können. Allerdings sah der Senat die vom Arzt beschriebenen Stimmungsschwankungen mit möglicher Handlungsunfähigkeit aufgrund des Ergebnisses der Zeugenaussage als im betreffenden Zeitraum als bewiesen an. Auch habe der Kläger selbst in seiner Einlassung gegenüber dem Senat seine Handlungsunfähigkeit glaubhaft dargelegt, (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11.05.2020 – L 10 KR 389/19).

Das Sozialgericht hatte die Auffassung vertreten, der Kläger habe nicht alles in seiner Macht stehende unternommen, um die ärztliche Feststellung zu erhalten und die Klage abgewiesen.

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